Vorgeschlagen vom Bundesverband Freier Theater für den BKM-Preis Kulturelle Bildung 2014, ausgelobt von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien
Eine theatrale Recherche

SCHEHERAZADES ZUKUNFT – Geschichten aus dem Frauenhaus (UA)

Foto: © Ralf Mohr

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Scheherazade muss erzählen, um zu überleben; die elf ehemaligen Frauenhausbewohnerinnen und aktuellen Frauenhausmitarbeiterinnen wollen erzählen - das ist das Motiv für die theatrale Recherche. Gemeinsam sind sie auf eine biographische Reise gegangen, um ihre Erfahrungen auf die Bühne zu bringen: Berührend, singend und humorvoll. „Schämst du dich nicht, alle denken doch, im Frauenhaus sind die, die nicht klar kommen ...“ Nein! - denn jede vierte Frau hat mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexualisierte Gewalt durch einen Lebenspartner oder einen anderen engen Vertrauten erlebt. Die Gewalterfahrungen und ihr Aufbegehren, ihr Mut und ihre Befreiung haben die Biographie der betroffenen Frauen geprägt – doch diese sind in der öffentlichen Aufmerksamkeit kaum präsent. Das soll sich ändern - gemeinsam finden sie den Mut von ihren Erfahrungen zu berichten und lassen sich dennoch nicht auf diese Rolle festlegen.

Das Projekt wagt sich an ein sensibles Tabu - Gewalt gegen Frauen - und lässt ahnen, welche Überwindung es kostet, erzählend, spielend und singend eine Wand der Vorurteile zu durchbrechen und sich zugleich mit erhobenem Kopf zu zeigen. Die Akteurinnen sind authentische Stimmen, ihre Erfahrungen real, sie sind Überlebende. Literarisches Grundmotiv ist Scheherazade aus dem Märchenzyklus "Tausendundeine Nacht". Scheherazades Leben hängt am Faden ihrer Geschichten; die narrative Strategie des Erzählens rettet sie. Elf Frauen aus verschiedenen Teilen der Welt, alle "Expertinnen des Alltags" haben ihre Geschichten über das Leben mit Gewalterfahrungen zusammengetragen und daraus eine Szenenfolge geformt. Für die Bühne werden die biografischen Fragmente miteinander verwoben - wie ein Flechtbild aus lauter bunten Fäden. Die Idee vom Faden durchzieht die gesamte Inszenierung. Die Aufführung widmet sich der Schönheit, der Verletzbarkeit und dem ungebrochenen Wunsch nach Liebe und Geborgenheit - und sie erzählt von dem Mut und der Kraft dieser Frauen.

 

Pressestimmen

"Unter der Regie von Karin Frommhagen und Sabine Trötschel entstand (..) das Stück 'Scheherazades Zukunft - Geschichten aus dem Frauenhaus', das berührt, verstört, wütend macht, aber auch immer wieder erheitert. Jede Frau trägt ihre Geschichte auf ganz unterschiedliche Weise vor. Eine Akteurin wählt die Variante des verfremdeten Erzählens. Sie erzählt, dass es einst ein Mädchen gab, das sich für die Liebe entschieden hat. Das dachte, es hätte einen Prinzen gefunden, der es liebt, ehrt und respektiert. Das Mädchen sagte zu ihrem Angebeteten, dass sie zuerst studieren und dann ein Kind bekommen möchte. Er hatte sich weltoffen und modern gezeigt und ihr diese Reihenfolge zugesichert. Sechs Monate nach der Ehe (..) verkehrte sich die Liebe ins Gegenteil, der Prinz wurde zum Teufel, als die Frau schwanger wurde. Sie durfte das Studium nicht abschließen. Nach Beschimpfungen, Demütigungen und Schlimmerem blieb ihr nichts anderes übrig, als mit dem Kind ins Frauenhaus zu fliehen. Die Schicksale ähneln sich, sie verbinden die Frauen. Mit angedeutetem Kind auf dem Arm entschuldigen sie sich bei diesem für die unschönen Lebensumstände, unter denen es aufwachsen muss. (...) Es wird viel gesungen, jede in der eigenen Sprache, in der sie sich verstanden fühlt. Sie wollen gehört werden und verstanden. Für diese mutige und bewegende Darstellung bekommen die Darstellerinnen viel Applaus."
Agnes Beckmann, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 26. November 2012

"Sie liest sachlich, eine Liste, doch hinter jedem Wort steckt ein Schicksal: 'Mit Gegenständen werfen, Bettdecke wegnehmen, Verbote, Vorschriften, Verbrennungen, auf den Strich schicken ...' Gewalttaten, die Frauen widerfuhren, (...) Kann man daraus ein Theaterstück machen? Das Frauenhaus wagte es gemeinsam mit der Theaterwerkstatt Hannover, ein gelungenes Experiment. (...) Vorwitzig, mutig und romantisch spielen die ehemaligen Frauenhausbewohnerinnen und Mitarbeiterinnen unter der Regie von Karin Frommhagen und Sabine Trötschel. (...) Kurze Szenen deuten das Geschehen assoziativ an; sie erzählen auch in ihren Muttersprachen, Persisch, Chinesisch, Russisch, Türkisch und afrikanischen Sprachen. Ihre schlichten einfarbigen Kleider betonen ihre Weiblichkeit; bunt sind auch die Fäden, die von der Decke hinabhängend Bilder vom Eingesperrtsein ergeben, aber auch zum Häkeln, Flechten und Spielen dienen. Eine berührende Stunde, viel Applaus."
Marleen Gaida, Neue Presse, 26. November 2012

"In 'Scheherazades Zukunft' ranken sich die Szenen um Fäden, die in verschiedener Anordnung den Bühnenraum bestimmen. Gitterförmig aufgespannt, in Lichtstrahlform um die Protagonistinnen angeordnet oder sie spinnennetzartig umfassend sind diese fesselnden Fäden Ausdruck für ein Gefangensein. Gleichzeitig arbeiten die Darstellerinnen mit bloßen Fingern mit den Fäden, sie stricken, häkeln, knüpfen. (...) 'es gibt viele archaische und mythische Geschichten um das Spinnen, ums Fesseln und ums Handarbeiten.' (...) Die Idee zu dem Stück ist entstanden, weil das Frauenhaus Hannover immer wieder nach Formen sucht, wie es das Thema 'Gewalt gegen Frauen' in die Öffentlichkeit bringen kann. (...) Nichts an 'Scheherazades Zukunft' ist erfunden, die Frauen haben die Texte größtenteils selbst geschrieben. Allerdings stellt auf der Bühne nicht jede Frau auch ihre eigene Geschichte dar. 'Manche haben ihre Geschichte zur Verfügung gestellt, aber gleich gesagt, dass sie es nicht schaffen, sie auch selbst darzustellen', (...) Das Stück ist ebenso bewegend wie hoffnungsvoll – denn alle Darstellerinnen haben die Zeit der Bedrohung hinter sich gelassen."
Karin Vera Schmidt, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 20. Dezember 2012

Credits

Konzept & Regie: Karin Frommhagen & Sabine Trötschel

Mit: Natalia Bievetskaia / Roseline Clermont / Nelli Estina / Sayeh Khoshouei / Jingyi Ma / Olga Missyurina / Arzu Odenwald / Pricilla Okafor / Agnes Okeke / Neslihan Vural / Afsaneh Zandi

Ausstattung: Melanie Huke / Musik: Ralph Lennartz / Gesangstraining: Ulrik Rømer Barfod / Technik: Matthias Alber / Projektmanagement: Ute Schimpf & Nelli Estina / Graphik: Pauline Raczkowski & Arif Demir / Videodokumentation: Yannik Böhmer

Eine Produktion vom Förderverein des Frauenhauses Hannover - Frauen helfen Frauen e.V. in Kooperation mit der Theaterwerkstatt Hannover

Premiere, November 2012, Theaterwerkstatt Hannover

Gefördert durch den Fonds Soziokultur, die Regionale Kulturförderung aus Mitteln des Landes Niedersachsen, das Referat für Frauen und Gleichstellung der Stadt Hannover, die Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen, "We can do it" - Catherine Nail Collection, den Förderverein des Frauenhauses Hannover - Frauen helfen Frauen e.V. und Spenden von engagierten Einzelpersonen

Gastspiele und weitere Aufführungen:

Januar & Februar 2013, Warenannahme im Kulturzentrum Faust, Hannover

März 2013, COMMEDIA FUTURA THEATER IN DER EISFABRIK, Hannover

und im Rahmen von Auftakt!, März 2014
THEATER IM PAVILLON ist Spielstätte für Freies Theater - lokal und international - die mit dem Auftakt eröffnet wird. THEATER IM PAVILLON ist eine Kooperation zwischen der Theaterwerkstatt Hannover und dem Pavillon Hannover.